Die Grüne Landesversammlung hacken

Obwohl ich mit den Wiener Grünen schon mehr oder weniger abgeschlossen habe, beschäftigt mich die nächste Landesversammlung natürlich trotzdem. Immerhin haben viele in das Projekt Grüne Vorwahlen eine Menge Zeit und Engagement gesteckt, um es dann durch die Betonierer zu Fall bringen zu lassen. Ich persönlich bin der Meinung, man sollte die Wiener Grünen ihrem selbstgewählten Schicksal überlassen, weil sie einerseits durch eine verknöcherte Bezirksstruktur total gelähmt sind und andererseits durch eine stramme Linkspolitik direkt aus dem vorletzten Jahrhundert ohnehin schwer wählbar sind. So forderte unlängst die Grüne Stadträtin Monika Vana eine 30 Stunden Woche für die Bediensteten des Wiener Magistrats. Das zeigt sehr deutlich, in welcher Lebenswelt viele Wiener Grünen leben. Vana geht offensichtlich immer noch davon aus, dass Arbeiten prinzipiell etwas schlechtes sei, ein notwendiges Übel, dass so kurz wie möglich gehalten werden müsse, an statt sich darüber Gedanken zu machen, wie wir Arbeit attraktiver gestalten können. Robert Korbei, seines Zeichens überforderter Landesgeschäftsführer der Wiener Grünen, gab auf seinem Blog ebenfalls wieder ein Bonmot zum besten.
Die anderen Grünen werden sehr genau beobachten wie viele Vorwählerinnen tatsächlich dann anwesend sind.
Ein Satz, der verdeutlicht wie sehr die Grünen immer noch in ihrer Innen- und Außensicht gefangen sind. Abgesehen davon zeigt es auch die Taktik auf, die verfolgt wurde. Erstmal schön alle Grünen VorwählerInnen durch ein willkürliches, intransparentes Auswahlverfahren gepaart mit Unterstellungen, Mutmaßungen und beinharter Bürokratie frustrieren und sich dann darüber zu mokieren, dass keiner mehr kommt, dass keiner mehr etwas mit den Wiener Grünen zu tun haben möchte, um schließlich alle Vorwähler unter Observation durch die "echten" Grünen zu stellen. Dieses Wochenende hatte ich übrigens Gelegenheit, das Protokoll der letzten Landesversammlung der Wiener Grünen zu lesen. Da es offensichtlich nicht für die Veröffentlichung gedacht ist, werde ich daraus auch hier nicht zitieren. Aber soviel strukturkonservatives Betonierertum in Kombination mit einer ausgeprägten Paranoia gegen die eigenen WählerInnen und SympathisantInnen ist mir noch nie untergekommen. Eine möchte ich aber zitieren, nämlich die Grüne Landessprecherin Sylvia Nossek am Alibi-Konvent für ein neues Partizipationssystem der Wiener Grünen bei den überüberübernächsten Wahlen am Sanktnimmerleinstag:
Wir sind nicht da, um die Grünen zu verändern, sondern um die Politik zu verändern.
Schön, wenn man dann doch so unglaublich selbstreflexiv ist!-) Was könnte man jetzt als angenommener Vorwähler tun, wenn man trotz allem die Landesversammlung besuchen und seine KandidatInnen wählen möchte? Als VorwählerIn ist man nicht Teil irgendeiner Fraktion oder Gruppe, das hat den Vorteil, dass man sich nicht an irgendwelche Deals oder Absprachen halten muss, von denen es bestimmt eine Menge geben wird, und andererseits den Nachteil, dass die eigene Stimme dadurch nicht unbedingt relevanter wird. Da aber ab dem 5. Listenplatz die Mandate jeweils an die 4 Stimmen bzw. punktestärksten KandidatInnen vergeben werden, hat es für den einzelnen Vorwähler nur Sinn, sich auf einen Kandidaten oder Kandidatin pro Wahlgang zu konzentrieren. Am besten man wählt also seinen Favoriten mit der Maximalpunktezahl und auf den drei restlichen Plätzen, möglichst chancenlose Männer. Männer deswegen, weil das grüne Wahlrecht Frauen positiv diskriminiert, das heißt jeder zweite Listenplatz muss mit einer Frau besetzt werden, aber es könnten auch alle Plätze mit Frauen eingenommen werden, wie zum Beispiel bei den EU-Wahlen. Also nochmal zusammen gefasst:
  • Maximalpunkte für persönlicheN FavoritIn
  • dahinter drei möglichst chancenlose Männer
Ich persönlich bin sehr pessimistisch und befürchte, dass sich nächsten Sonntag, das was sich mit der Wahl von Sylvia Nossek zur Grünen Landessprecherin schon angekündigt hat, nämlich der entgültige und offene Schwenk zur betonierenden Kaderpartei, weiter fortsetzen wird. Vielleicht ist das aber auch gut so und schafft anschließend Raum für Neues?
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