Wer ist hier hysterisch?

Bandion-Ortners unbedachte Aussage auf der ISPA, hat einige Wellen geschlagen. Durch die schnelle Reaktion auf einen meiner Tweets direkt von der ISPA konnte der ATV Journalist Martin Thür Bandion-Ortner vor dem Ministerrat mehr oder weniger überraschen. Er erwischte die Ministerin am falschen Fuß. Sie ließ sich zur Aussage "Internetsperren, warum nicht?" hinreißen und erntete einen Aufschrei der Blogosphäre über so viel Inkompetenz. Es folgten Beiträge hier, auf internetsperren.at, piratenpartei.at, webstandard, feuerhaken, ThemaTisch, internet-law, leyrer, e-comm, freewave, ZIB21, Georg Holzer, create or die uvm.  und in den klassischen Medien von ATV (ca. ab Minute 5) und Profil. Jetzt rudert die Ministerin zurück und betont in einer OTS-Aussendung, dass sie sich eben nicht definitiv für Netzzensur ausgesprochen habe, sondern sich lediglich für eine interessierte Prüfung des deutschen Modells ausgesprochen. Nur gibt es bei diesem Modell recht wenig zu prüfen, einmal googlen hätte genügt um zu wissen, dass DNS-Sperren unwirksam sind.
Aber sie bleibe dabei, dass man das Übel Kinderpornographie an der Wurzel packen müsse.
Komischerweise ist die Wurzel für Bandion-Ortner der Konsum. Dass vor dem vermeintlichen Online-Konsum ein ganz realer Kindesmissbrauch stattfinden muss und man vielleicht besser dort ansetzen sollte, kommt der Ministerin nicht in den Sinn. Präventionsmaßnahmen wären auch kaum so öffentlichkeitswirksam wie Stoppschilder im Netz. Interessanterweise war gerade Wochenende ein langes Interview mit Harald Gremel in der Sonntagspresse. Gremel ist einer von drei Kinderpornoexperten im Bundeskriminalamt. Einmal abgesehen davon, dass auch Gremel im Interview bestätigt, dass eine Großteil der Verbreitung von Kinderpornographie offline stattfinde, gibt er zu, dass mit dem bescheidenen Ressourcen im Bundeskriminalamt nicht aktiv ermittelt werden, sondern nur auf Anzeigen reagiert werden könne. Während zum Beispiel die Schweizer Kriminalpolzei 16 Experten beschäftigt, gibt es in Österreich wie schon erwähnt nur drei. Welches Bild wirf das auf den dringenden Handlungsbedarf den Bandion Ortner ortet? Während also die Bundesregierung nicht bereit ist, die polizeilichen Mittel für den Kampf gegen den Kindesmissbrauch aufzustocken, denkt man ganz locker flockig an Zensurmaßnahmen im Netz nach deutschem Muster. Die nicht unerheblichen Kosten würden ohnehin die Provider tragen.
"Ich lade daher alle ein, sich mit konstruktiven Vorschlägen zu Wort  zu melden. Das wäre sinnvoller als der hysterische Aufschrei, nur weil eine Ministerin die Sperre von kinderpornographischen Internetseiten nicht kategorisch ausschließt", so Bandion-Ortner abschließend.
Ist natürlich auch eine Taktik. Erst stellt man vorsorglich Internet-Nutzer unter Generalverdacht und denkt für die Sache total untaugliche Zensurmaßnahmen an, um sich später über den geernteten heftigen Widerspruch zu wundern. Einer Einladung zur konstruktiven Zusammenarbeit dann allerdings mit dem Vorwurf der Hysterie zu verknüpfen, zeugt von besonderen kommunikativen Talent. ich frage mich wozu wird dann eigentlich eine Bundesregierung und ein Parlament haben, wenn der Output lediglich ein Vorstoß zur Netzzensur ist. Hallo Frau Minister, es ist eben genau ihre Aufgabe, sich zu diesen Problemen etwas zu überlegen und zwar ganz ohne papageienhaftes Nachbeten von Zensurschwachsinn aus Deutschland. Aber seis drum hier ein paar Vorschläge:
  • Präventionsmaßnahmen in der Form von Aufklärungskampagnene gegen Kindesmissbrauch
  • Mehr Beamte und Ressourcen zum Ausbau der klassischen kriminalistischen Ermittlungsarbeit
  • Im Netz: LÖSCHEN STATT SPERREN
Leider bleibt Bandion-Ortner die absolute Schwachstelle dieser Regierung. Ihr absolut unpolitischer Zugang ist ganz und gar nicht harmlos, sondern eher gefährlich. Zu tun wäre im Justizministerium genug, wenn man bedenkt, dass Staatsanwälte schon mal Anzeigen gegen einen Regierungspolitiker "übersehen", aber gleichzeitig illegal gegen Abgeordnete der Opposition ermitteln und die Ministerin nichts unternimmt. Es wäre Zeit für einen Rücktritt.
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