Antifa Folklore

Ein gemeinsamer Feind ist immer was gutes, stärkt den inneren Zusammenhalt und fokusiert den geballten Frust auf eine externe Person. Das haben sich wahrscheinlich auch die Grünen gedacht, als sie zum Schlag gegen Martin Graf ausholten. Damit hier keine falschen Verdächtigungen aufkommen, ich halte den dritten Nationalratspräsidenten für einen Schandfleck des Parlaments - aber vor allem von ÖVP und SPÖ - und habe auch für den Rücktritt von Martin Graf auf http://www.ruecktritt-martin-graf.at/ unterschrieben. Ein kurzer Blick auf die Homepage der Grünen zeigt, wo das Problem liegt: 3malgraf1mallunacekAm 30.5.2009 konnte man 3 Bilder von Martin Graf und genau ein kleines, winziges von Ulrike Lunacek - immerhin die Spitzenkandidatin für der Grünen für die EU-Wahl- sehen. Heute am 1.6. befinden sich dort immer noch die selben drei Bilder von Martin Graf und doch schon zwei von Lunacek, wenn auch nicht ganz so prominent platziert. Aber Bilder sind nicht alles, deswegen ein Blick auf die Top-Themen vom 30.5.:
  • Grüne beantragen Absetzungsrecht für Präsidenten
  • Martin Graf bezeichnet Ariel Muzicant als Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus
  • Martin Graf muss nach Attacken gegen Ariel Muzicant zurücktreten
  • Versäumnisse der Bundesregierung im Kampf gegen Rechtsextremismus
  • Grüne sehen durch FPÖ antifaschistischen Grundkonsens verletzt
  • Vor Nationalrat: Grüne machen SPÖ Sonderangebot zur Reichensteuer
Von den 6 Topthemen beschäftigen sich also 5 mit Martin Graf oder mit Rechtsextremismus. Beides wichtige Anliegen und jede einzelne Forderung hat bestimmt ihre Berechtigung. Aber neben der Verwendung von gendergerechter Sprache stellt der Kampf gegen Rechtsextremismus auch den kleinsten gemeinsamen Nenner bei den Grünen dar (Zitat Max Kossatz). Man kann viel darüber diskutieren, ob man Graf, Strache und Co zu viel oder zu wenig Aufmerksamkeit schenkt, aber mit einem kann ich nichts anfangen: Der Antifa-Folklore. Hätte man HC Strache bei seiner Demonstration gegen ein Islamisches Nachbarschaftszentrum ignoriert, ihm wäre wohl kaum so viel Aufmerksamkeit zu Teil geworden. Demonstrationen gegen Nazis, gegen die FPÖ, Unterschriftenlisten gegen Burschenschafter, Facebook-Gruppen etc etc. sind zu einer Art folkloristischen Tradition, zu einem Mantra der Grünen geworden. Die Antifa-Folklore hat einen großen Nachteil. Wenn es einmal richtig ernst wird, wie eben jetzt im Fall von Martin Graf, wird das außerhalb kaum ernst genommen, weil das Pulver schon für unwichtigere Dinge verschossen wurde. Für die Grünen hat es noch einen viel gravierendern Nachteil: Es deckt andere Themen zu. Auf der Grünen Homepage fand sich kein Europa-Thema und kein Umwelt-Thema, beide wohl etwas wichtiger als Martin Graf.
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