Armin Wolf diesmal daneben?

ORFAlso ich weiß nicht so recht, was ich von Armin Wolfs Kommentar im heutigen Standard halten soll. Vor zwei Jahren trug er mit seiner Rede anlässlich der Verleihung der Robert Hochner-Preises an ihn nicht unwesentlich zu Abwahl Monika Lindners und damit zu Wahl von Alexander Wrabetz bei. Das war nötig und wichtig, denn in der ÖVP hatte sich eine Arroganz der Macht breit gemacht, die sich ganz massiv auf den ORF in der Form von Lindner und Mück auswirkte. Aber wie ist die Situation heute? Eine offensichtlich gescheiterte ORF-Führung versucht mehr tollpatschig als kompetent einen wirtschaftlich strauchelnden ORF irgendwie aufzufangen. Der ORF ist aber nicht nur wirtschaftlich, sondern auch inhaltlich in der Krise. Die Eigenproduktionen geraten regelmäßig zum Quotenflop (Mitten im Achten) oder bewegen sich inhaltlich auf einem Niveau unterhalb des somalischen Grundwasserspiegels (Starmania, Dancing Stars, Karlich, Vera etc), einzig die Comedyschiene am Donnerstag und einen größeren politischen Freiraum für die Redaktionen können auf der Habenseite verbucht werden. Der politische Freiraum wird aber kaum genutzt, da selbst im Mittagsjournal auf Ö1 nach wie vor eher der vorauseilende Gehorsam gegenüber Politikern in Interviews dominiert. Aber Ö1 und FM4 bilden eine niveauvolle Ausnahme, das allerdings trotz und nicht wegen der derzeitigen ORF-Führung, die sich zum Glück abseits von Ö3 nicht ums Radio kümmert. Armin Wolf bezeichnet also die Wortmeldungen Faymanns und Prölls (der Onkel) zum ORF als politisches Stalking. Man konnte ja an dieser Stelle schon lesen, dass ich von Faymann wenig halte und ähnlich verhält es sich mit dem niederösterreichischen Sitzriesen, aber die Politik ist letztlich als Eigentümer für den ORF verantwortlich und hat damit das Recht und die Pflicht, sich um den ORF zu kümmern, vor allem dann, wenn die dortige Geschäftsführung kopf- und konzeptlos ist. Die Statements Prölls und Faymanns klingen zwar auch für mich nach einer Drohung, aber Ausweg gibt es dazu keinen. Wolfs Argument, dass das nirgens in der Verfassung stehe, wirkt da eher wehleidig. Armin Wolf führt auch Einsparungsbeispiele an, wie zum Beispiel die zentrale Cheffredaktion oder die Jazz-Übetragung während der Live Übertragung der US-Wahlen. Apropos US-Wahlen, die zeigen sehr schön, dass auch im Newsbereich beim ORF einiges nicht stimmt. Während andere Sender bereits erste Exit-Polls, gefakte Hologramme oder spannende Reportagen lieferten, herrschte beim ORF gepflegte Langeweile, die nur durch die jenseitigen Sager Klaus Emmerichs unterbrochen wurde. Ich frage mich außerdem bis heute, was hat Herr Wolf eigentlich in Washington gemacht, außer Hanno Settele zu interviewen? Absolut recht hat Armin Wolf aber bei der Frage der ORF-Gebühren, an denen die Politik sich schamlos bedient. Es bleibt ja nicht nur bei den 200 Millionen, die direkt von den Ländern abgezweigt werden. Hinzu kommen noch neun in dieser aufgeblähten Form unnötige Landesstudios, die täglich eine halbe Stunde Landeshauptmann-TV ausstrahlen müssen. Einmal abgesehen davon, dass es dort mit der unabhängigen Berichterstattung nicht weit her ist, wird auch das von unseren ORF-Gebühren bezahlt. Im Prinzip eine riesen Verarsche durch unsere Landesfürsten. Armin Wolf bleibt für mich ein toller Journalist vor allem seine Beiträge im ZIB-Blog lese ich immer gerne. Seinen Kommentar zum derzeitigen ORF-Desaster kann ich aber nicht uneingeschränkt folgen.
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