Transparenz > Verschwörungtheorien

Warum sind die freiheitlichen mit ihren mehr oder weniger subtilen Unterstellungen derzeit relativ erfolgreich? Weil schon jetzt viele Menschen unser derzeitiges Wahlsystem nicht verstehen, wobei manche schon an der Prozentrechnung scheitern. Und das hat zwei Hauptgründe, einerseits liegt es am System an sich, das vieles unnötig verkompliziert und andererseits liegt es an der mangelenden Information/Bildung der WählerInnen.

Als Techniker bin ich schnell geneigt, an E-Voting zu denken. Wenn man es richtig macht, wäre es wahrscheinlich fälschungssicher und mit der Blockchain sogar wirklich etc… Aber so interessant diese Gedankenspiele sind, ist E-Voting noch lange nicht praxistauglich, weil, wie Sigi Maurer richtig bemerkt, E-Voting nicht für jeden einfach nachvollziehbar ist.

Die virtuellen Daten sind den papierenen Stimmzetteln in dieser Hinsicht weit unterlegen: das System “ein Zettel – eine Stimme” braucht kein Informatikstudium zum Verständnis

Was kann man also tun, um das Vertrauen der Bevölkerung in unser derzeitiges System zu stärken und vielleicht auch, um das System zu härten?

VolksbeisitzerInnen

Jeder Sprengel hat eine Wahlkomission. Die besteht aus einem Wahlleiter und einem Stellvertreter, die werden in Wien vom Bürgermeister bestellt und sind in der Regel recht gut ausgebildete Beamte. Dann gibt es drei WahlbeisitzerInnen. In Wien werden werden zwei von der stärksten Fraktion - also der SPÖ - und einer von der zweitstärksten Fraktion - also der FPÖ - entsendet. Diese fünf Personen bilden die stimmberechtigten Mitglieder der Kommission. Zusätzlich können die anderen Fraktionen Wahlzeugen entsenden, die haben kein Stimmrecht, können aber überall dabei sein und Einwände zu Protokoll geben.

In der Praxis haben oft weniger stark organisierte Fraktionen Probleme, Beisitzer und Zeugen zu entsenden, dazu fehlt ihnen oft der Organisationsgrad. Warum kann man nicht einen dieser Beisitzer einfach per Zufall oder Kampagne aus der Bevölkerung auswählen? Schließlich funktioniert das beim Schöffensystem schon lange relativ gut. Ich bin mir dabei nicht sicher, ob ein Zwang, wie beim Schöffensystem, wirklich das richtige ist, aber mit einer medial breit angelegten Kampagne, könnte man bestimmt Freiwillige außerhalb der Parteien finden, die für die Demokratie gerne einen Sonntag opfern. Und wenn das Bundesheer Soldaten abstellt, die angeblich unsere Grenzen schützen sollen oder die Pisten in Kitzbühel präparieren, warum sollten nicht auch Zivil- und Grundwehrdiener unsere Demokratie schützen?

Vereinfachungen

Zugegeben, eine Bundespräsidentenwahl ist ziemlich straight forward, der Kandidat mit mehr Stimmen gewinnt. Bei Nationalrats- und Landtagswahlen sieht es schon ganz anders aus. Es gibt Wahlkreise, Reststimmenmandate und Vorzugsstimmen auf mehreren Ebenen. Das macht das System unnötig kompliziert. Und gerade das Vorzugsstimmensystem ist ohnehin eine Farce, weil es nur sehr sehr selten passiert, dass tatsächlich ein Mandat durch Vorzugsstimmen errungen wird. Meiner Meinung nach würde für ganz Österreich ein Wahlkreis genügen, für Länder gibt es ohnehin Bundesrat und Landesparlamente, sie müssen also nicht zusätzlich durch Landeswahlkreise abgebildet werden. Und dazu ein Vorzugsstimmensystem, dass seinen Namen verdient oder gleich gar keines und vieles wäre einfacher.

Speed kills

Je länger eine Auszählung dauert, desto mehr nährt das Spekulationen über angeblche Manipulationen. Und zumindest theoretisch ist da auch etwas dran, weil man dadurch natürlich mehr Zeit und Gelegenheit hätte, eine solche Manipulation zu organisieren. Es ist also nötig Auszählung und Ergebnisübermittlung so schnell wie möglich abzuwickeln.

Bei der Auszählung ist da nicht sehr viel zu machen, eine Wahlkomission zählt die Stimmen eben so schnell sie kann, aber die Übermittlung dieser Ergebnisse ist, wie Martin Thür ausführt, durchaus verbesserungswürdig. Es wäre reicht einfach die Daten von jeder Bezirkswahlbehörde oder sogar von jedem Sprengel, elekronisch an die Server des Innenministeriums zu übermitteln und damit nicht nur die Ergebnisbekanntgabe zu bescheunigen, sonderen auch eine primitive Fehlerkorrektur zu implementieren. Zugleich könnten auch den Medien, die Daten in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden. An einer Papierwahl führt derzeit nichts vorbei, an einer zeitgemäßen digitalen Übermittlung der Ergebnisse ebenfalls nichts.

Schließlich müssen die Briefwahlstimmen noch am selben Abend ausgezählt werden. Der Gesetzgeber hat richtigerweise, das verspätete Absenden von Wahlkarten unterbunden, hier müsste er nochmal nachschärfen und für eine Auszählung am Wahlabend sorgen. Das ist meiner Meinung nach wichtiger, als der bequeme Versand von Briefwahlstimmen.

Informationskampagne

Meistens sind Wahlergebnisse relativ eindeutig und ein paar Stimmen mehr oder weniger spielen dabei selten eine Rolle. Deswegen machen wir uns um unser Wahlsystem immer nur dann Gedanken, wenn es knapp wird, dann ist es aber zu spät. Vor jeder Wahl wäre es nötig eine breit angelegte Informationskampagne zu starten, wo erklärt wird, was eine gültige Stimme ist, was eine ungültige Stimme ist, wie ausgezählt wird und auch wie man sich selbst am Wahlprozess ativ und passiv beteiligen kann. Da wäre dann sogar Inserate angebracht, aber bitte ohne Konterfei des Innenministers.

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