HC sagt, danke Senol!

Senol Akkilic ist also von den Grünen zur SPÖ übergelaufen und hat als Einstandsgeschenk die gescheiterte Wahlrechtsreform mitgebracht. Meiner Meinung nach sieht die Sache für alle beteiligten Personen, Fraktionen und Parteien nicht gut aus. Profiteure sind ÖVP und FPÖ: Die können einerseits der SPÖ ihre widerliche Machtgier und den Grünen den Bruch des Notariatsakts vorwerfen.

Als erstes wäre da mal der Überläufer persönlich. Er wird mit dem Vorwurf leben müssen, von der SPÖ gekauft worden zu sein. Akkilic ist bei der Grünen Basis durchgefallen und hatte keine Aussicht auf ein nochmaliges Gemeinderatsmandat. Die SPÖ hat dem Überläufer bereits ein fixes Mandat für die nächste Legislaturperiode zugesagt. Natürlich darf dabei niemand behaupten, so ein Deal wäre korrupt, denn das wäre ja ehrenrührig. Aber nehmen wir mal an, Herrn Akkilic ginge es wirklich um die Sache. Das hieße, er möchte seine politische Arbeit weiter zu führen. Ich kenne zugegebenermaßen seine politische Arbeit kaum, aber das ist schon mal ein Zeichen von gewaltiger Selbstüberschätzung, wenn man denkt, man sei unabkömmlich wobei auch immer. Abgesehen davon wird Herr Akkilic die nächsten 5 Jahre auch innerhalb seiner neuen politischen Heimat SPÖ keinen leichten Stand haben, denn wer kooperiert schon gerne mit einem “Verräter”. Es werden also fünf finanziell einträgliche, aber einsame und ineffektive Jahre für Herrn Akkilic werden.

Die SPÖ kann sich über einen strategischen Sieg freuen. Noch einmal konnte ein minderheitsfeindliches Wahlrecht gesichert werden, aber es wird ein Pyrrussieg bleiben. In der SPÖ vertraut man anscheinend nicht mehr besonders auf die Wahlkampfqualitäten des Bürgermeisters und greift schon sehr früh zu den schmutzigen Tricks. Den Wähler und die Wählerin wird das naturgemäß kaum beeinflussen, aber alle anderen Parteien werden sich in Zukunft genau überlegen, wie sie einen Koalitionspakt mit der SPÖ ausverhandeln. Wichtige Punkte inklusive Wahlrecht werden also am Anfang einer Legislaturperiode zu beschließen sein. Die SPÖ hat sich durch den Mandatskauf vielleicht noch ein letztes mal zwei bis drei Mandate erschleichen, aber bei den möglichen Koalitionspartnern viel Vertrauen verspielt.

Die Grünen müssen sich vor allem große Naivität vorwerfen lassen. Da wäre erstmal der Notariatsakt, der weder sein Papier und schon gar nicht die horrenden Notariatskosten wert war. Die Grünen haben ohne Frage im Gegensatz zur lethargischen SPÖ einiges erreicht, aber beim Wahlrecht haben sie sich jahrelang regelrecht vorführen lassen. Die SPÖ hatte nie die Absicht, daran irgendwas zu ändern. Zu sehr waren die Grünen darauf bedacht, ein mustergültiger Koalitionspartner zu sein und niemanden im roten Rathaus zu verärgern. Nach Günter Kenesei und Stefan Schennach ist Akkilic schon der dritte Wiener Grüne, der zu einer anderen Partei überläuft. Hier müssen sich die Grünen fragen, was mit ihrem Auswahlverfahren nicht stimmt. Bei den Glücksrittern in BZÖ, FPÖ oder Team Stronach wundern solche Überläufe ja eher nicht, aber warum ausgerechnet die Grünen solche Personen anziehen, wäre eine interessante Diskussion. Ich fürchte nur, es wird noch ein paar Jahrzehnte dauern bis die Wiener Grünen bereit sind, ihr Auswahlverfahren konstruktiv und ergebnisoffen zu diskutieren. Intern stärkt die Aktion die Wiener Grünen. Auch abseits von Zusammenhaltsparolen auf Facebook führt ein “Verrat” meistens dazu, dass man näher zusammen rückt und stärker motiviert in den Wahlkamf geht. Man muss sich das so vorstellen wie eine ungerechte Rote Karte im Fußball, die ist auch oft ein Motivationsschub für die Mannschaft.

Profiteure bleiben aber vor allem ÖVP und FPÖ. Ob sich Herr Akkilic, der seine Integrationsarbeit fortsetzen will, das so vorgestellt hat? Btw Respekt an die vielen PolitikerInnen vor Akkilic, die ebenfalls von ihrer Partei nicht wieder aufgestellt wurden, aber trotzdem nicht trotzig ihre Partei verlassen haben.

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