Briefe gegen die Vorratsdatenspeicherung

Andreas Treichl hatte recht, unsere Politiker sind einfach zu blöd. Wie sonst soll man das Posting unseres Bundeskanzlers auf seiner Facebook Page bewerten? Einmal abgesehen davon, dass der Kanzler und sein Team wiedermal unter Beweis stellen, von der EU und ihren Entscheidungsprozessen keine Ahnung zu haben, wird im Jahr Eins, nachdem der Mafiaparagraph gegen ein paar obskure Tierschützer eingesetzt wurde, auch noch behauptet:
Die flächendeckende VDS ist geltendes europäisches Recht und dient der Bekämpfung schwerer Verbrechen und organisierter Kriminalität.
Wenn also demnächst die Firma Kleiderbauer wieder ein Problem hat, können wir uns sicher sein, die VDS wird eingesetzt. Österreichs BürgerInnen werden unter Generalverdacht gestellt und vom Staat bespitzelt. Zahllose Fälle von unachtsamen Umgang mit hochprivaten Daten durch den Staat und seine Behörden beweisen, dass man diesem Staat besser so wenig Informationen wie möglich zukommen lässt. Dagegen müssen wir uns wehren. Das können wir auf verschiedenen Wegen tun. Zum einem technisch, wie ich kurzem auf ATV erklären durfte, gibt es Möglichkeiten zu verhindern, dass diese Daten oder die richtigen Daten überhaupt gespeichert werden. Dazu werde ich in den nächsten Wochen mehrere Blogpostings verfassen. Zum anderen legal mit einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, das funktioniert ganz einfach auf der Homepage verfassungsklage.at. Zum dritten sollten wir auch wirtschaftlichen Druck auf unsere Provider ausüben. Einerseits soll es ja Provider geben, die nicht speicherpflichtig sind - einziger mir bekannter ist bisher Funkfeuer - und andererseits müssen die Provider die Kosten für die VDS tragen. Auf dieser Liste haben ein paar Geeks begonnen Daten über Ihre Anfragen an Provider und Telekommunikationsdienstleister zu sammeln. Das Ergebnis ist ernüchternd, da sich die meisten Provider weigern genaue Auskunft zu geben. So erhielt ich von meinem Handyprovider drei die folgende nichtssagende Antwort:
Das Mobilefunk-Unternehmen 3 Österreich folgt den Vorgaben des Telekommunikationsgesetz. Welches auch über die RTR nachvollziehbar ist www.rtr.at
Daraus lässt sich nichtmal ablesen, ob drei speicherpflichtig ist und schon gar nicht welche Daten nun genau gespeichert werden. Informelle Anfragen an den Kundendienst sind also zu wenig und können mit Textblöcken aus indischen Callcentern abgefertigt werden. Aber zum Glück gibt es nicht nur Gesetze, um die BürgerInnen auszuspionieren, sondern auch solche zum Datenschutz. Hier bietet uns der §26 Datenschutzgesetz eine guten Hebel. Demnach sind Betreiber von Datenanwendungen zur genauen Auskunft über die Art der gespeicherten Daten verpflichtet. Zu diesem Zweck habe ich einen Musterbrief zusammengestoppelt. Innerhalb von 8 Wochen ist jeder Provider verpflichtet genau Auskunft zu erteilen. Mit diesen Anfragen könnten wir auch Druck auf die Provider ausüben, weil jede Anfrage individuell beantwortet werden muss, stellt das auch einen nicht unerheblichen Aufwand dar. In den letzten Monaten wurde hier wenig gebloggt, ganz einfach weil ich die Ausweglosigkeit und Dummheit der österreichischen Politik satt habe und ich es ebenso satt habe mich darüber zu beschweren. Wenn aber 8 Millionen Menschen unter Generalverdacht gestellt werden, hört sich der Phlegmatismus auf. Von mir aus geht auf die Jagd, haltet Pressekonferenzen um 100.000 Euro, legt Sparbücher für Eure Schwiegermutter an oder kauft Euch den teuersten BMW als Dienstwagen und philosophiert über anderer Minister Nierensteine, aber mit wem ich spreche, wo ich mich aufhalte, was ich lese oder schreibe, geht euch einfach nichts an.
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