Weiß wählen ist feig

Zur Demokratie gehört anscheinend immer, das ständig betont werden muss, wie wichtig sie ist. Demokratie ist zum kleinsten gemeinsamen Nenner geworden, auf den man sich notfalls einigen kann, ohne das Gesicht zu verlieren. Ein guter Demokrat kann quasi kein schlechter Mensch sein. Allerdings beschwört die ständige Rückbesinnung auf unsere Demokratie auch eine Bedrohung, die so nicht existiert. Und so erleben wir fast schon im stundentakt Online-Initativen, Lichtertänze, Lichtermeere, Causes  und Ziegelsteine immer gegen etwas oder jemanden und immer in Sorge um unsere Demokratie. Allein der Energieaufwand, der in die Absetzung, Beobachtung und Bekämpfung des dritten Nationalratspräsidenten gesteckt wird, wäre bei nahezu jeder thematischen Auseinandersetzung besser aufgehoben und würde wahrscheinlich mehr zur Stärkung unserer Demokratie beitragen. Ein Gustostückerl lieferten da übrigens wiedermal die Grünen, die beim Hearing mit Heinz Fischer gleich mal die ersten 18 Minuten dem Thema FPÖ und Rechtsextremismus widmeten. Erst anschließend ging es um minder wichtige Themen wie Klimaerwärmung und Asylgesetzgebung. Eine zusätzliche Sorge für alle Demokraten ist stehts die Wahlbeteiligung, die immer als Legitimation für die Demokratie interpretiert wird. Das mag für Institutionen wie die ÖH oder die Wirtschaftskammer gelten, die zumindest am Wahltag ganz kurz eine Legitmationskrise haben. In Wirklichkeit stimmt nichtmal das, denn schon ein paar Tage nach der Wahl interessiert das niemanden mehr. Oder ist etwa die Wirtschaftskammer weniger einflussreich geworden, nur weil die Wahlbeteiligung im Keller war? Oder wäre die ÖH wichtiger mit 80% Wahlbeteiligung? Wohl kaum. Wenn jemand nicht zur Wahl geht, kann das vieles bedeuten. Meistens heißt das aber lediglich, dass es den Wahlberechtigten schlicht nicht interessiert oder er mit den angebotenen Alternativen nicht einverstanden ist, aber in den seltensten Fällen, dass er gegen die Demokratie ist. Hätte ich etwas gegen die Demokratie, dann würde ich doch viel eher jene wählen, von denen ich meine, dass sie der Demokratie am meisten schaden können. In den letzten Tagen wird verstärkt das Weißwählen propagiert. Einmal von aktuellen Fall abgesehen, der letzlich nur einer Trotzreaktion sturer ÖVPler ist, ist Weißwählen so ziemlich das sinnloseste, was man tun kann. Nur selten werden ungültige Stimme am Wahlabend überhaupt erwähnt und haben damit letztlich genau Null Effekt. Zum Protest eignet sich lediglich eine Nichtteilnahme. Nichtwähler werden zumindest ein wenig von den Medien und damit auch von unseren medialisierten PolitikerInnen wahrgenommen. Nur was soll man davon halten, wenn PolitikerInnen plötzlich dazu aufrufen weiß zu wählen. Gerade jene werden doch vor allem dafür bezahlt zu entscheiden und verweigern plötzlich diese Entscheidung. Ein zentraler Vorwurf an die österreichische Politik in diesem Blog lautet, dass unsere PolitikerInnen keine Politiker mehr sind, sondern lediglich Politiker spielen. Aber selbst diesen Schein gibt man sich mittlerweile nicht mehr und verweigert schlicht eine Wahl zu treffen. PolitikerInnen müssen eben manchmal auch unangenehme Entscheidungen treffen, dafür werden sie bezahlt. So sehr ich es persönlich nachvollziehen kann, dass es Karl Heinz Kopf schwer über die Lippen kommt, dass es besser wäre Heinz Fischer zu wählen, sollte er eben den Mut aufbringen genau das zu tun. Alles andere ist feige.
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