Der Superpraktikanten-Schmäh

Anfangs war ich vom Trubel rund um die ÖVP Aktion superpraktikant.at durchaus fasziniert. Trotz einiger Kritikpunkte in Zusammenhang mit der nicht vorhandenen Entlohnung des potenziellen Praktikanten sowie der Weigerung auch nur ansatzweise zu gendern, hielt ich die Kampagne für geschickt konzipiert, da sie für Online Gesprächsstoff ohne Ende sorgte, der schließlich auch seinen Weg in die Mainstream Medien fand. Zusätzlich schien man bei der ÖVP an einer ehrlichen Auseinandersetzung mit der "Twitteria" bzw. der Blogosphäre interessiert. Leider blieb es dabei nicht lange. [youtube]http://www.youtube.com/watch?v=Yth8v1p99v8[/youtube] Erster Sündenfall war ein Inserat im Falter unter einem Artikel der Journalistin Barbara Toth mit deren Foto, als diese noch Bewerberin um die Stelle des Superpraktikanten war. Rechtlich war das einwandfrei, hatten doch alle KandidatInnen den Teilnahmebedingungen zugestimmt, die auch eine werbliche Verwendung des Fotos durch die ÖVP erlaubten. Dabei ist es meiner Meinung nach eine Sache in Medien für Aktion Superpraktikant zu werben oder genau unter dem Artikel einer teilnehmenden Journalistin. Laut ÖVP wollte man sich damit bei Barbara Toth für ihr Engagement in der ersten Phase bedanken. Eine sehr zynische Art Danke zu sagen. Wobei das Inserat auch kein gutes Licht auf den Falter wirft, dem aber wohl in diesem Fall Geld vor Integrität ging. Das versteckte Foul an Barbara Toth ist aber nur eine Randerscheinung. Besonders interessant und verdächtig ist vielmehr das bisherige Ergebnis des Votings. Nach meiner mittlerweile langjährigen Erfahrung mit Online-Votings braucht man, um ein solches für sich zu entscheiden, zumindest eines von zwei Dingen. Eine wirklich starke Online-Präsenz vorzugsweise mit einer halbwegs mobilisierbaren Community oder eine starke Offline Prominenz. Personen, die nicht über den Zugang zu einer Online Community verfügen haben nämlich immer ein großes Problem bei solchen Votings und das heißt Medienbruch. Der Medienbruch zerstört ziemlich zuverlässig die schönsten Offline Kampagnen, weil die wenigsten den Sprung von der Offline-Kampagne zum Online Medium so einfach schaffen. Deswegen haben es KandidatInnen viel leichter, die Ihre Freunde/Fans online abholen können, weil diese nur den sprichwörtlichen Klick von der Stimmabgabe entfernt sind. Das Ergebnis der ersten Phase entsprach da auch meinen Erfahrungen. Es gewann Martin Habacher, für den online sehr stark kampagnisiert wurde, vor der Falter Journalistin Barbara Toth, die ebenfalls über Twitter kampagniserte und zumindest eine kleine Offline-Prominenz vorweisen kann und Klaus Werner-Lobo für den das gleiche gilt wie für Barbara Toth. Mit dem Beginn der zweiten Phase war plötzlich alles anders und in der ÖVP amüsierte man sich über das Favoritensterben. Dass plötzlich eine Kandidatin an erster Stelle stand, die Online genau gar nicht präsent ist und auch sonst offline absolut niemand kennt, wundert zumindest außerhalb der ÖVP viele. Meiner Meinung nach ist so ein Coup legal nur sehr schwer zu erreichen und es ist mehr als verdächtig, dass unter den ersten 7 Kandidaten 5 JVP nahe Personen sind. Nachweisbar ist eine solche Manipulation freilich nicht, aber das Ergebnis widerspricht einfach dem logischen Menschenverstand und es sollte klar festgehalten werden, dass der Abstimmungsverlauf mehr als nur dubios ist, noch dazu, wo seitens der ÖVP keine Offenlegung der Abstimmungsdaten erfolgt oder diese durch unabhängige Dritte einsehbar wäre. Die ÖVP verspielt damit wiedermal die Möglichkeit ein wenig weltoffener zu agieren, wenn im Finale ohnehin nur für den Vizekanzler bequeme Personen antreten, riecht das nach einer abgekarteten Aktion zur JVP-Nachwuchspflege. Es gilt die Unschuldsvermutung, es bleibt ein schaler Nachgeschmack.
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