#unibrennt = #uniignorant ?

Ich selbst studiere so ab und zu, wenn ich Zeit habe, Kunstgeschichte an der Uni Wien. Obwohl ich mein Erststudium schon lange abgeschlossen habe, bin ich also ein Bummelstudent, der zumindest ein wenig von den Chaos an unserer Universität mitkriegt. Verschulte Lehrvehranstaltung auf dem Fußboden sitzend zu verbringen, ist für einen 37 jährigen eben nicht mehr ganz das Wahre und sollte es auch nicht für jüngere StudentInnen sein. Deswegen sympathisiere ich mit den meisten Forderungen der Audimax-BesetzerInnen, auch wenn ich der Meinung bin, dass Seniorenstudenten wie ich durchaus Studiengebühren zahlen sollten. Was so sympathisch an dieser Bewegung ist, ist die demokratiepolitische Komponente. Die Schwarmintelligenz, die überhaupt zur Besetzung führte, die Basisdemokratie im Plenum, das Auftreten ohne offizielle SprecherInnen, das Engagement im Web etc. Ein wenig von meiner Begeisterung ging nach der Lektüre dieses Berichts bei socialhack verloren. Nicht, dass ich Sympathien mit betrunken Burschenschaftern hätte, aber der Beschluss des Plenums, dass farbentragende Studenten (gilt das eigentlich auch für farbentragende Studentinnen, die gibt es nämlich auch) keinen Zutritt zum Audimax hätten, ist mehr als bedenklich. Ich bin erschüttert darüber, dass im Plenum solche ausgrenzenden Beschlüsse gefasst werden. Der Beschluss, farbentragenden Studenten den Zugang zu verwehren, ist meiner Meinung nach ignorant und undemokratisch. Erstens sind Burschenschafter eben auch Studenten und hätten meinem Verständnis nach genauso ein Recht, am Plenum im Audimax teilzunehmen. Eine offene, basisdemokratische Bewegung sollte ein bisschen Widerspruch schon aushalten, sonst findet man sich kurze Zeit später auf der Seite der einstigen Gegner wieder. Zweitens schert dieser Beschluss wiedermal alle farbentragenden Studenten über einen Kamm. Ich selbst gehöre zum Beispiel ebenfalls einer katholischen, farbentragenden Studentenverbindung, der KÖHV Franco-Bavaria im ÖCV, an, die aber inhaltlich aber wirklich gar nichts mit schlagenden Burschenschaftern gemein hat. Entweder wurde so ein Beschluss, der auch alle katholischen farbentragenden Studenten ausschließt, aus Unwissenheit gefällt oder was viel schlimmer wäre, aus ideologischen Gründen, weil man eben auch keine CVer dabei haben wollte. Dass es dadurch fast zwangsläufig zu Provokationen durch Burschenschafter kommt, liegt auf der Hand. Aus den zitierten verschwörerisch anmutenden Mails kann ich aber keinen Masterplan zur Räumung des Audimax erkennen oder ein Blutbad befürchten. Vielleicht geht es aber auch zum Teil darum nach einem logischerweise etwas abebbenden Interesse am Audimaxismus mit einer neuen Eskalationsstufe wieder die alte Aufmerksamkeit zu erreichen? #unibrennt hat sich verständlicher- und berechtigterweise über das geltende Recht hinweggesetzt und einen Hörsaal besetzt. Dass allerdings die gleiche Bewegung dann selbst eine ignorante Hausordnung erlässt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Jede Revolution führt irgendwann fast logischerweise zu Totalitarismus. Mich wundert nur, dass der so früh in Erscheinung tritt.
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