Wir Meerschweinchen

Armin Thurnher hat gerade offline seinen ersten Flamewar angezettelt und ich will ihm jetzt mal ausnahmsweise nicht unterstellen, dass er gar nicht wüsste, was das denn sei. Schon vor einiger Zeit bekundete Thurnher, dass er das Internet nicht ernst nehmen könne. Eine Aussage die ungefähr genauso sinnvoll ist, wie die Krone und den Falter in einen Topf zu werfen. Niemand bestreitet, dass es Unseriöses oder gar Kriminelles unter dem Schutz der ohnehin trügerischen Anonymität im Internet gibt. Aber so etwas allen Bloggern umzuhängen war einfach unseriös. Denn schließlich geißelt der Falter zu recht aber erfolglos Schundheftln wie Österreich oder die Krone für ihre unseriösen und teilweise kuriosen Praktikten. Niemand käme aber deswegen auf die Idee, Printmedien generell nicht ernst zu nehmen. Im Gegenteil: Manche wie zum Beispiel unser Bundeskanzler nehmen scheinbar Medien umso ernster je schwachsinniger sie werden. Letzt Woche kam eine Debatte, die der Falter laut Thurnher nicht weiter führen wollte, wieder ins Laufen. In einer durch eine inkompetente Diskussionsleiterin ohnehin zähe Debatte versuchte Thurnher etwas Pfeffer in die Diskussion zu bringen. Er bezeichnete die Web-Medien taxfrei als parasitär und MitabeiterInnen mit Web2.0 Erfahrung als hysterisch. Das mit dem Pfeffer gelang nicht, die Diskussion blieb lau. In Schwung kam die Diskussion erst nachher online und Thurnher lies über eine Mitarbeiterin ausrichten, er werde sich des Themas nochmal im nächsten Falter annehmen. Und dort spielt Thurnher weiter den Beleidigten, weil ihm irgendjemand unterstellt hätte, er könne nicht mal googlen, freilich nicht ohne selbst ordentlich auszuteilen. Wir wären also Meerschweinchen, die zuverlässig auf Provokation vorhersehbar reagieren. Ich frage mich ja, was seine MitarbeiterInnen dazu meinen, von denen viele ebenfalls Teil einer hysterisierten, bloggenden Meerschweinchenmasse sind. Redaktionskonferenzen beim Falter müssen für den Chefredaktuer zuweilen sehr traumtisch verlaufen, da es ihm laut Eigenaussage schwer fällt, seine MitarbeiterInnen von ihren Handys ob der Verlockungen des Internets fernzuhalten. Das ist dann aber leider kein Internet-Problem, sondern eines ganz persönliches des Chefredakteurs Thurnher. Wenn ein Chef nicht in der Lage ist, die Aufmerksamkeit seiner Mitarbeiter zu erlangen, sollte er sich zu aller erst Gedanken um seine Führungskompetenz machen und weniger ums Internet. Auf der Medienmesse war es wieder zu sehen. Printmanager von vorgestern diskutieren darüber, wie böse Google sei und ob man nicht doch für "Online" irgendwen irgendwie zur Kasse bitten könnte. Dabei haben gerade diese "Medienmanager" den Untergang von Print vorbereitet. Wer nimmt denn die Zeitung als Beigabe zur Vignette, als Wegwerfprodukt in der U-Bahn oder die mit dem Jörg Haider Spezial noch ernst? Armin Thurnher und der Falter kämpfen seit Jahrzehnten gegen den Mediaprint-Komplex, den er jetzt Mediamil nennt. Erfolge konnte er in diesem Kampf bisher nicht verzeichnen. Und vielleicht ist es vor allem der Neid, der Thurnher jetzt umtreibt, denn den Mediamil-Komplex und noch ein paar andere Printdinosaurier werden wir zerschlagen, wir Meerschweinchen.
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