Her mit dem Dienstwagen!

Die österreichische Politik und die österreichischen Medien importieren gerne Diskussionen und Probleme aus Deutschland. Unter Umständen ist das nichts schlechtes, wenn man sich Themen annimmt, die vielleicht auch einmal bei uns schlagend werden könnten oder Probleme beim Nachbarn analysiert, die man bei uns gleich abmildern könnte. Das ist natürlich nur graue Theorie, denn in der Praxis fällt mir kein positives Beispiel einer solchen Adaptierung ein. Schlechte Beispiele gibt es allerdings jede Menge zum Beispiel der Antrag von ÖVP und Grünen im oberösterreichischen Landtag zur Einführung von Internetsperren nach deutschem Muster oder auch die Abwrackprämie zur Förderung der Autoindustrie, die ebenfalls in Deutschland erfunden wurde. Es gäbe auch positive Gewohnheiten, die wir von der deutschen Politik übernehmen könnten, zum Beispiel das Parteienfinanzierungsgesetz oder auch die vereinfachte Wahl des Staatsoberhaupts. Die jüngste Debatte importiert aus Deutschland ist jene über die Privatnutzung von Dienstwägen. Dabei war das Verhalten der SPD-Ministerin Schmidt ganz gewiss keine ethische und ökologische Meisterleitung. Sie selbst reiste bekanntlich mit dem Flugzeug nach Spanien und lies ihren Fahrer mit den geliebten Dienstwagen nachkommen, obwohl ihr die deutsche Botschaft ein Fahrzeug mit Fahrer vor Ort zur Verfügung gestellt hätte. Das sagt meiner Meinung nach eine Menge über die Abgehobenheit aus, mit der manche PolitikerInnen agieren, bleibt aber letztlich ein Problem der deutschen Innenpolitik. Findige JournalistInnen haben jetzt aber entdeckt, dass unser Wissenschaftsminister ebenfalls mit dem Dienstwagen in den Segelurlaub nach Kroatien chauffiert wurde und unsere Oppositionspolitiker witterten sofort einen Skandal. Die private Nutzung von Dienst- oder Firmenfahrzeugen ist Österreich allerdings durchaus üblich. Für eine Pauschale von bis zu 512,- Euro an das Finanzamt kann im Normalfall jeder sein Firmenauto auch privat nutzen. Man könnte jetzt natürlich zu Recht darüber diskutieren, ob solche Steuerzuckerl für vor allem höhere Einkommen, die den Verbrauch fossiler Energieträger begünstigen, wirklich sinnvoll sind. Aber derzeit ist es eben Gesetz für alle SteuerzahlerInnen und damit auch für unsere PolitikerInnen. Diese Pauschale für PolitikerInnen zu verdreifachen, wie Werner Kogler das fordert, kann man nur als extrem populistisch einstufen. Sie tragen aber auch weiter zu allgemeinen Politikerverdrossenheit bei und machen den Beruf weiter unbeliebt. Meiner Meinung nach werden PolitikerInnen ohnehin zu schlecht bezahlt. Zumindest dort, wo es wirklich um die Wurst geht, also im Nationalrat und in der Bundesregierung wird einfach zu wenig bezahlt und Ämter systematisch unattraktiv gemacht. Auch aus diesem Grund ist die Dichte an LehrerInnen, BeamtInnen und GewerkschafterInnen besonders groß in der Politik, währen UnternehmerInnen und Privatangestellte massiv unterrepräsentiert sind. Das liegt natürlich zum einen daran, dass die erste Gruppe einfach mehr Zeit für den langen und zermürbenden marsch durch die Institutionen hat, aber auch daran, dass für die zweite Gruppe der Politikerberuf auch finanziell unattraktiv ist. SpitzenpolitikerIn zu sein, ist ein 24 Stunden Job und wir alle verlangen Höchstleistungen von unseren PolitikerInnen. Dazu kommt, dass sich PolitikerInnen dem gesellschaftlichen Leben aus einem mir unerfindlichen Grund nicht entziehen können und so müssen sie dann Bierfeste besuchen, Tierpatenschaften übernehmen, Kirtage eröffnen und üben sich dabei in exzessiven Händeschütteln. Mit Politik hat das alles nur mehr im weitesten Sinne zu tun. Unsere PoltikerInnen haben sich den Spin Doktoren unterworfen und möchten nur noch Politiker spielen, und sind dabei schon lang keine mehr. Zumindest wenn man davon ausgeht, dass PolitikerInnen gestalten und sich nicht lediglich das Amt erhalten wollen. Auch das ist ein Resultat der Neidgesellschaft, die beim Dienstwagen beginnt und bei der schlechten Bezahlung endet. Zuzuschreiben haben sich das allerdings unsere PolitikerInnen selbst, die nur allzu leicht dem populistischen Reflex erliegen und sich gegenseitig der Privilegiennutzung bezichtigen.
Published:
blog comments powered by Disqus