Ich kann Kanzler

53773998_24072947_widescreen Nein, ich bin jetzt nicht total ausgeflippt, obwohl verglichen mit Faymann könnt ich es vielleicht doch!-) Auf ZDF ging heute ein spannendes Reality-Format zu Ende. "Ich kann Kanzler" heißt die Show, die Nachwuchspolitiker nach dem Muster von "Canada's Next Great Prime Minister" vor der Kamera casten und einen Sieger küren soll. Endlich einmal ein Reality-Format ohne Sozialporno, wo es nur darum geht, wer die histerionischste Persönlichkeit hat, die meiste nackte Haut zeigt oder sich am dümmsten benehmen kann. Endlich werden andere Role-Models vorgeführt als hysterische Kinder, die nicht singen können und endlich bringen Juroren ein bisschen mehr Feedback als das quoten bringende "Du bist Scheiße". In der Praxis hatte das Format natürlich seine Schwächen, denn im wesentlichen wurden die Kandidaten nur nach ihren kommunikativen und rhetorischen Fähigkeiten beurteilt. In nur 45 Sekunden sollten zum Beispiel die Bewerber ihre Vision für Deutschland erklären. Dadurch war in diesen 45 Sekunden auch nur Zeit für den üblichen Politikersprech. Vom Brücken bauen, über Anwalt der Schwachen sein, den Wirtschaftsstandort stärken oder die Familien aufwerten war wirklich jede erdenkliche Floskel im ersten Casting dabei. Auch die Auswahl der sechs Kandidaten fürs Finale durch die Jury war etwas herkömmlich. Durchgekommen sind  eher nur gemainstreamte Jungpolitiker mit Erfahrungen als Schulsprecher oder in politischen Jugendorganisationen. Unkonventionelle Kandidaten wurden von Jauch, Engelke und Scherf schon im Vorfeld aussortiert. Übrigen blieben großteils die Streber, die in der Schule als erste  "Herr Lehrer ich weiß es" geschrien haben. Gewonnen hat dann auch ein Kandidat, der mit 18 jahren schon ebenso viele ehrenamtliche Funktionen angehäuft hatte. Über Inhalte wurde zwar auch diskutiert, aber logischerweise blieben die im Hintergund. Sieger wurde man also nicht mit dem besten Konzept, sondern mit dem besten Auftreten. Das bildet allerdings nur eine Realität ab, von der unsere Politik glaubt, dass diese ohnehin schon existiert. Auch unsere Politiker denken, dass vor allem die Form der Kommunikation wichtig ist und nicht das, was gesagt wird. Ganz so klappt das allerdings dann zum Glück doch nicht. Politiker die es mit der Form übertreiben, scheitern. So zum Beispiel Viktor Klima, Laura Rudas oder auch Karl Heinz Grasser. Summa Summarum ein erfrischendes neues TV-Format, in dem endlich nicht Models oder schlechte Sänger die Hauptrolle spielen. Das Format ist bestimmt noch ausbaufähig vor allem, was die Vorauswahl der Kandidaten betrifft. Für einen öffentlich-rechtlichen Sender, ist das jedenfalls genau das richtige Format. Ich bin gespannt, ob sich auch der ORF so eine Sendung traut oder bei Dancings Stars und Starmania bleibt.
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