Grüne Vorwahlen oder die Hoffnung im Bunker

Dass ich das Projekt Grüne Vorwahlen in Wien unterstütze ist ja kein besonderes Geheimnis. Und als solcher war ich heute Abend auch beim ersten Jour Fix im Cafe Ritter dabei. Geschätzte 40 Anwesende (warum hab ich eigentlich vergessen, die zu zählen?) hatten sich dort eingefunden. Nach einer kurzen Einführung durch Helge Fahrnberger gab es auch für grüne Politiker die Möglichkeit, sich vorzustellen und von denen waren ein Menge anwesend. Neben einigen grünen Bezirksräten auch der Grüne Landessprecher Lukas Wurz, der Stadtrat David Ellensohn, der in diesem Blog zum besten twitternden Politiker gekürte Gemeinderat Marco Schreuder und die Wiener Nationalratsabgeordnete Daniela Musiol. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich nur Schreuder von seinen Tweets und seinen Blog kannte, den Namen Ellensohn hab ich schon einmal gehört, hätte ich aber bestimmt nicht zuordnen können und Musiol und Wurz tauchten erst heute erstmals auf meinem Radar auf. Woran das liegt, mag ich jetzt gar nicht näher analysieren, sicher auch zu einem Teil daran, dass ich es mit der Lokalpolitik nicht so habe und andererseits daran, dass die genannten im Netz kaum vorhanden sind. Was ist es? Eine der Entscheidenden Fragen des Abends war, was das Projekt Grüne Vorwahlen denn nun sei? Eines ist fix, Vorwahlen im engeren Sinn sind es nicht, sondern eher der Versuch eine Partei und ihre Wählerschaft wieder näher zu einander zu führen. Dabei nutzt das Projekt jene Möglichkeit, die im Statut der Wiener Grünen vorgesehen ist, nämlich die Mitbestimmung von Nichtmitgliedern auf einem Parteitag. Ziel ist dabei nicht primär eine Einflussnahme für bestimmte Kandidaten, sondern Funktionäre und Kandidaten schon Vorfeld dazu zu bringen, sich mit den Wählern und nicht nur mit ihresgleichen auseinanderzusetzen. So etwas kann aber nur gelingen, wenn  möglichst viele die Unterstützungserklärung unterschreiben und so an der Auswahl der grünen Kandidaten für den Gemeinderat teilnehmen. Die Angst der Funktionäre! Die in relativ großer Zahl anwesenden grünen Funktionäre äußerten natürlicherweise nicht nur Begeisterung für das Projekt, sondern brachten auch Bedenken ein. Ein Hauptvorwurf, den ich auch teile, war, dass durch die Initiative, aber auch durch die gewählte Sprache eine gewissen Geringschätzung für grüne Politiker ausgedrückt wird, wenn man zum Beispiel von vorbeigeschummelten Mandataren spricht. Ich nehme mich und mein Blog da gar nicht aus, und werde versuchen die durchaus wichtige Arbeit der zum Großteil ehrenamtlich arbeitenden Funktionäre aller Parteien, mehr zu schätzen. Zusätzlich wollte man die Initiative natürlich auch ein wenig abchecken, aber da das ganze absolut transparent erfolgt, hat da wohl auch keiner ein Problem damit. Übrigens kündigten Schreuder und Ellensohn bei ihrer Vorstellung auch ihre Kandidatur für den Gemeinderat an!-) Positiv überrascht war ich vom grünen Landessprecher Wurz, der die Situation der Wiener Grünen sehr ehrlich und plakativ beschrieb. Schade, dass der Mann kein Blog hat. Die Frage des Einflusses Es wurde im Zuge der Diskussion auch die Frage des Einflusses aufgeworfen und welchen Effekt es hätte, wenn plötzlich ein paar hundert Unterstützer auf einem Parteitag auftauchen und wählen. Meiner Meinung nach  ist eine direkte Mitbestimmung aber nicht das eigentliche Ziel der Initiative. Es sollen keine gemeinsamen Kandidaten gepusht oder bestimmte Themen priorisiert werden. Auch deswegen, weil des politische Spektrum unter den Unterstützern ebenfalls so groß wie jenes der Grünen selbst oder vielleicht noch größer sein dürfte. Deswegen wäre es sehr schwierig, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Ziel ist es eher, auf die Kandidaten insofern Einfluss zu nehmen, als dass sich diese mehr mit den Wählern in der Form von Unterstützern auseinander setzen müssen und so auch zu einer vielleicht "besseren" Politik kommen. Zahlen Als Ziel nannte Helge 600 Unterstützer zur Unterschrift zu bewegen. Meiner Meinung nach ist das etwas zu hoch gegriffen. Ich finde alles über 150 wäre schon ein großer Erfolg und ich sehe ein wenig die Gefahr, dass sich die Web2.0 Community nicht zum ersten mal selbst überschätzt. Interessant waren auch die Zahlen, die von Seiten der Wiener Grünen genannt wurden. So haben die Grünen in Wien nur circa 1500 Mitglieder, aber immerhin bis zu 450 Anwesende bei Parteitagen. Zu der Zeit als ich Landesgeschäftsführer der Jungen ÖVP Wien war, hatte diese ungefähr genauso viel Mitglieder, aber relativ viel Mühe zu Landestagen und -konferenzen überhaupt 100 Mitglieder zu bringen. Insofern ist die Zahl 450 für mich sehr beeindruckend. Das Henne Ei Problem Die Initiative hat aber noch ein anderes Problem, wie Laurenz Ennser treffend analysierte, entsteht die Motivation für den Wähler erst bei einer Wahlkonfrontation. In unserem Fall also dann, wenn sich alle Kandidaten gefunden haben und vor der Wahl um die Stimmen rittern. Um dabei als Unterstützer seine Stimme abgeben zu können, muss man aber eben bis 15. Juni eine Erklärung abgeben. Zu einem Zeitpunkt also, an dem es noch keine Konfrontation, noch keinen Wahlkampf gibt und damit sinkt natürlich auch die Motivation, das zu tun. Ein Problem, das wir nicht lösen werden können, aber in der Diskussion mit potenziellen Unterstützern eine Rolle spielen sollte. Nächste Schritte Nächstes Ziel ist es also  möglichst viele Unterstützer für das Projekt zu gewinnen. Das klappt meiner Meinung nach nur beschränkt via Blogs, Facebook und Co, sondern eher in der Face2Face Kommunikation. Als Prämisse gab Helge aus, dass jeder Anwesende zumindest 3 neue Unterstützer werben sollte. Ich denke 3 schaff ich, mehr wird schwierig, aber mal sehen.  (Eine nicht näher genannte Person, die mit mir im gleichen Haushalt lebt, hat sich übrigens 20 vorgenommen!-)) Zusätzlich ist jeder aufgerufen, sich mit seinem Know-How und seinen Ideen einzubringen und so die Initiative zu unterstützen. Zum Abschluss noch ein kleines Motivationsschreiben von mir selbst. Ich bin nach nach einer langen politischen Odysee derzeit bei den Grünen angekommen. Gründe dafür gibt es viele, die ich zu einem späteren Zeitpunkt hier erläutern werde. Aber es ist ist eine Mischung aus Alternativen- und Hoffnungslosigkeit, die mich derzeit dazu motiviert, die Grünen zu wählen.  Das Projekt Grüne Vorwahlen könnte mich dazu bringen, die Grünen gerne zu wählen und die Odysee zu beenden.
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