re:publica09 Rückblick

Gestern - bzw. heute wenn man Sascha Lobos #followerparty mitrechnet - ging also die re:publica09 zu Ende. Bloggen und Twittern war während der Konferenz nur eingeschränkt möglich, da das WLAN etwas von Jörg Haider hatte - es war mal weg und dann wieder da. Aber sei's drum, die meisten Vorträge waren ohnehin viel zu interessant, um während dessen zu bloggen. Was konnte ich also von der re:publica09 mitnehmen? Da wäre zum Beispiel, dass eine Twitterlesung etwas extrem lustiges sein kann, dass Babykotze relevant ist und dass man die sieben Todsünden beim Blogdesign durchaus kreativ verwirklichen kann, dass Atheisten wie Missionare mit Bussen durch England fahren und dass es eine Hedonistische Internationale gibt. Was noch? Old Media und New Media stehen nach wie vor in Konkurrenz In den klassischen Medien kann man ja immer wieder lesen wie Scheiße eigentlich Twitter ist und wie unseriös Blogger sind und vieles mehr. In Österreich steht dafür stellvertretend Falter Chefredakteur Armin Thurnher, der so gar kein gutes Haar am Bloggen lassen möchte. Bisher dachte ich diese Eifersuchtsdramen sind vor allem einseitig, das heißt von Seiten der klassischen Medien gesteuert. Auf der re:publica09 konnte ich aber eine Menge Blogger kennen lernen, die sich durchaus in Konkurrenz zu den klassischen Medien sehen und versuchen einen Wettstreit herbei zu bloggen, der meiner Meinung nach genauso so sinnlos und vor allem witzlos ist wie die wehleidigen Kommentare aus den Chefredaktionen. Interessant dabei ist, dass die klassischen Medien aber weiterhin die Leitmedien der Blogosphäre bleiben. So gilt es immer noch als großer Erfolg, wenn klassische Medien eine Story von einem Blog übernehmen. Zugegeben mich würde das auch sehr freuen, aber steht dieses Bestreben nicht im Gegensatz zu der oft ausgegeben Prämisse unter Bloggern, dass die klassischen Medien gar nicht mehr relevant seien? Der Wissenschaftler John Kelly wies noch auf einen anderen interessanten Umstand in seinem Vortrag hin, nämlich dass Blogger vorwiegend auf klassische Medien wie Spiegel Online verlinken und nicht auf Blogs. Für Österreich hatte Kelly leider keine Daten, aber meinem Empfinden nach ist es bei uns ähnlich, nur wird eben auf Standard Online und diepresse.com verlinkt. Das unterstreicht also meine These, dass die klassischen Medien nach wie vor die Leitmedien der Blogospähre sind. Ich persönlich kann dieses herbeigeredete Konkurrenzverhältnis auch nicht ganz nachvollziehen. Weder sehe ich mein Blog als Newsquelle noch als nach journalistischen Regeln erstelltes Medium. Es wird auch weiterhin Journalisten brauchen und es wird auch weiterhin Blogger brauchen. Beide sind wichtig und beide nehmen sich wohl zu wichtig!-) Die Wissenschaft hat das Web2.0 entdeckt Der schon erwähnte John Kelly übertrug die soziale Netzwerkanalyse in Form von physikalischen Modellen auf Blogs und konnte dabei einige interessante Feststellungen treffen. Zum Beispiel, dass Liberale fast nur zu Liberalen und Konservative ebenfalls zum Großteil zu ihresgleichen verlinken. Kelly bezeichnete diesen Trend als bedenklich und ich kann mich dem nur anschließen. Ebenfalls bemerkenswert war die Keynote von Dr. Jan-Hinrik Schmidt, der sich als Soziologe mit dem Spannungsfeld zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit in Sozialen Netzwerken beschäftigt. Politikblogs ein alter Hut? Auch mein Blog beschäftigt sich zum Großteil mit Innenpolitik. Was soll ich tun, ich bin nun mal so sozialisiert!-) Auf der der re:publica gewann ich aber den Eindruck, dass das Thema eher ausgelutscht ist. Sehr ernüchternd war dabei der Vortrag von Tobias Escher. Escher stellte fest, dass das Web2.0 durch den sogenannten Digital Divide den Zugang zur Politik und zu Politikern noch erschwert. Das heißt, dass es dadurch nur für privilegierte Schichten mit überdurchschnittlicher Bildung und Einkommen einfacher wird, Politiker zu kontaktieren oder politisch aktiv zu werden. Die Mär von einer stärkeren Demokratisierung durch das Web kann man also getrost vergessen. Insgesamt schien mir das Thema Politikblogs schon etwas abgedroschen, was sich auch an einer äußerste zähen Podiumsdiskussion bemerkbar machte. Abschließend ziehe ich ein sehr positives Resumee über die re:publica09. Ich konnte viele Inputs für Beruf und Hobby mitnehmen und werde, wenn es meine Zeit erlaubt, auch 2010 dabei sein.
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