Grüne Bunkerstimmung

Heute nachmittag hat Marie Ringler einen sehr interessanten und bezeichnenden Tweet zur Lage der Grünen geschrieben:
wie kommen die Grünen endlich mal wieder eine gemeinsame Vision? und bitte: keinen Arbeitskreis!
Marie Ringler ist ja nicht irgendwer, sondern Gemeinderätin und eine Art ewige Zukunftshoffnung der Grünen und trotzdem klingt das ganze frustriert und resignativ. Damit ist sie aber nicht die einzige Frustration und Resignation zieht sich unterschwellig durch die gesamte grüne Blogosphäre. Natürlich nervt es Eva Glawischnig, wenn sie zum 100. mal den Fall Voggenhuber erklären muss, das kann ich schon nachvollziehen. Denn mittlerweile sollte die Sache schon gegessen sein. Nicht gegessen sind die enttäuschenden grünen Wahlergebnisse in Salzburg und Kärnten über die die Parteispitze so en passant drüberwischen wollte. Mich erinnert die Situation der Grünen frappant an jene der ÖVP in den 80er und 90ern. Genauso wie damals die ÖVP befinden sich die Grünen in einer gestalterischen Sackgasse, die ÖVP wurde die Rolle des Juniorpartners in der Regierung nicht los und die Grünen werden einfach die Rolle der "guten" Oppositionspartei nicht los, die immer wenn es um die Wurscht geht, ohnehin nicht mitbestimmen darf. Für die Grünen ist die Lage noch etwas aussichtsloser als für die ÖVP damals, denn immerhin konnte die ÖVP mit Schwarz/Blau spekulieren, aber welche Optionen haben die Grünen? Große Zugewinne bei den nächsten Wahlen sind nicht  in Sicht, das heißt wenn sich die Grünen optimistisch geschätzt weiterhin bei circa 12% halten, gehen sich auch auf längere Zeit Rot/Grün oder Schwarz/Grün nicht aus und alle anderen Varianten sind ohnedies nur von statistischer Relevanz. Anhand dieser Aussichten kann man den Frust der grünen Funktionäre schon verstehen und als Wähler kommt man sich vor wie ein Demokrat in Texas oder ein Schwarzer in Simmering. Die ÖVP der 80er und 90er, die ich zufällig ganz gut kenne!-), ergab sich damals in die innere Isolation und begnügte sich mit einer Nabelschau in der Form von erbitterten Flügelkämpfen und einer akribischen Pflege einer bizarren Sitzungskultur. Die selbe Gefahr besteht jetzt auch für die Grünen. Die ersten Flügelkämpfe konnte man ja schon in Sachen Voggenhuber beobachten. Was die Grünen an der Situation ändern können? Ich wünschte ich hätte die Weisheit mit dem Löffel gefressen, wie es der Titel meines Blogs behauptet. Warum die grüne Politik, die inhaltlich in den letzten Jahren nahezu alles richtig gemacht hat, einfach nicht in die Gänge kommt, kann man jedenfalls nicht nur mit einer vermeintlichen Schwäche - meiner Meinung nach nur eine Chiffre für das Unbehagen darüber, dass Frauen an der Spitze stehen -  der derzeitigen Führung erklären. Die Ablehnung Voggenhubers durch ein Gremium von Altfunktionären war natürlich Schwachsinn und die Vornominierung von Eva Glawischnig durch ihren Vorgänger war ein erster pseudodemokratischer Sündenfall. Aber das sind imho alles nur Symptome, der vorher diagnostizierten Krankheit.
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