Haider, Outings und die Kärntner Hysterie

Meine politische Wahrnehmung war in den letzten Tagen geprägt vom Tod des Alkorasers Jörg Haider und das obwohl es wirklich besorgniserregendere Themen wie zum Beispiel die Präsidentenwahlen in den USA, die aufkommende Rezession, die globale Finanzkrise und die Tatsache, dass meine jahrzehntelange missionarische Gläubigkeit in die selbstreinigenden Kräfte der freien Marktwirtschaft den Bach runter geht. Vielleicht auch deswegen, weil diese Themen zu komplex scheinen, konzentriert sich Österreich (und ich) auf die Todesfahrt im Suff des "Landeshauptmanns der Herzen". Und genau hier setzt das Problem an. Der ORF überträgt live und alle haben nur das beste über Jörg Haider zu berichten. Da ernennt der Klagenfurther ÖVP-Bürgermeister Haider zum Landeshauptmann der Herzen, der neue lässt schon mal die Sonne über Kärnten vom Himmel fallen und selbst Gusenbauer zollt Haider Respekt und Anerkennung. Da wird so viel geschleimt und geschönt, man könnte meinen, Jörg Haider wäre zu seinen Lebzeiten nicht der unbeliebteste Politiker gewesen, Angehörige der Waffen-SS pardonierte, die NS-Zeit verharmloste, unschuldige Asylwerber nach Wien "deportierte", die Verfassung missachtete, kurzum Politik auf Kosten von Randgruppen betrieb. Leider weiß auch die Gegenseite relativ wenig dagegen beizutragen. Angeheizt durch äußerst seltsame Aussagen und Interviews Stefan Petzners ergeht man sich in Spekulationen über die vermeintliche Bi-/Homosexualität Haiders und seine Beziehung zu diversen Proponenten der Buberlpartie und begibt sich damit auf ähnliches Niveau wie einst Haider selbst. Meiner Meinung nach tut Haiders sexuelle Orientierung nichts zur Sache und sagt wenig über sein mehr oder weniger desaströses Lebenswerk aus. So lange ein Politiker sein Privatleben nicht öffentlich zur Schau stellt wie das zum Beispiel Viktor Klima oder Thomas Klestil taten, sollte die Tradition gewahrt bleiben und gegen seinen Willen auch nichts darüber berichtet werden. Zusätzlich war wohl die Gruppe der Homosexuellen eine der wenigen Randgruppen, die Jörg Haider nicht herabgewürdigt hat, also ist auch von dieser Seite ein Outing durch Dritte nicht angebracht. Es wäre also dringend an der Zeit, sich wieder auf das politische Element zu konzentrieren, eben auch um dieser Mythenbildung mit Fakten aus dem politischen Leben Haiders entgegen zu wirken. Interessante Links zum Thema: http://franzjoseph.twoday.net/stories/5268989/ http://www.misik.at/texte-aus-der-taz-berlin/haider-und-die-manner.php http://derstandard.at/?url=/?id=1224255913187 http://derstandard.at/?id=1224255925161 http://www.krone.tv/krone/S25/object_id__118565/kmwebtv/index.html
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